Die große OKR-Ernüchterung – und was Sie dagegen tun können!
Ich erlebe in OKR-Beratungen oft folgende Phasen:
Phase 1: Euphorie
Jemand in der Firma hat John Doerrs Buch Measure What Matters gelesen, seinen TED-Talk gesehen oder einen anderen OKR Ambassador erlebt. Und nun berichtet er/sie anderen von dem „neuen Managementsystem“, mit dem Google so erfolgreich geworden ist, und schnell ist eine Überzeugung da: Das wollen wir auch haben!
Phase 2: Erste Zweifel
Die meisten Unternehmen probieren dann erst einmal, OKR, mehr oder weniger, im Alleingang einzuführen. Das System klingt simpel genug. Indem mehr Menschen im Unternehmen involviert werden, kommen auch erste kritische Stimmen auf. Und sowohl beim Erarbeiten der tatsächlichen OKR, als auch bei der Frage, wie genau das mit dem bottom-up und sideways funktionieren soll, wird deutlich, dass es doch nicht ganz so einfach ist.
Phase 3: Neuer Versuch mit einem Berater
Das ist meist der Moment, in dem erfahrene OKR-Berater hinzugezogen werden. Nun werden Workshops und Trainings durchgeführt, Prozesse definiert, Tools eingeführt und OKRs systematisch definiert. Dabei steht meist das Methodische im Vordergrund. Über mehrere Quartale, in denen der Prozess stark durch Berater moderiert wird und eine hohe Management-Attention auf dem Thema liegt, spielt sich so ein Vorgehen ein.
Man formuliert OKRs nun richtig. Nur leider ist damit noch lange nicht gesagt, dass diese OKRs auch die richtigensind.
Phase 4: Mittelfristige Ernüchterung
So passiert es nur allzu häufig, dass nach der mühsamen Einführung von OKR eine Ernüchterung eintritt: Werden nun tatsächlich ambitioniertere Ziele gesetzt und auch tatsächlich erreicht? Ziehen alle nun an einem Strang und stimmen sich perfekt ab? Ist eine neue Kultur des gemeinsamen Wollens entstanden? Leider müssen viele feststellen: eher nein. Das bringt sie nicht gleich dazu, OKR wieder abzuschaffen, aber die Euphorie des Beginns weicht dann doch eher einer Ernüchterung.
Das ist schade, denn die Erwartungen, die in ORK gesetzt werden, sind durchaus berechtigt. Die Ernüchterung hingegen ist das Resultat eines Missverständnisses und dieses möchte ich gerne genauer beleuchten.
Jedes Zielsystem – und OKR ist da leider keine Ausnahme – kann nur so gut sein, wie die Menschen, die es anwenden. Fehlendes Know-why, Know-what oder Know-how kann niemals durch ein System oder eine Methode kompensiert werden. Und wenn Unternehmen ernüchtert feststellen, dass ihre OKRs doch nicht so durchdacht und brauchbar sind, dann liegt das vermutlich weniger am OKR-System, als an der Befähigung von Führungskräften und Mitarbeitern, bessere Ziele zu erarbeiten. Das ist jedoch weniger eine methodische Kompetenz, die man in einem OKR-Webinar vermitteln könnte. Auch OKR Champions fehlt es meist an inhaltlicher Expertise, um hier wirklich unterstützen zu können.
Die richtigen Ziele zu entwickeln, ist schwer. Und es braucht Zeit – jedes Quartal aufs Neue. Ohne regelmäßige Unterstützung und Feedback schaffen es nur die wenigsten Führungskräfte, die notwendige Zeit und Anstrengung auf sich zu nehmen.
Was es hier braucht, ist echtes Leadership und eine Führung, die motivieren, beraten und moderieren kann – und sich dafür die Zeit nimmt.
Unterstützen können dabei erfahrene Coaches/Berater, deren Kompetenz nicht nur im methodischen liegt, sondern die sich auch inhaltlich einbringen können.
Es gibt keinen Grund ernüchtert zu sein: Die große Partizipation und Transparenz von OKR wird auf allen Ebenen helfen, bessere Ziele zu erarbeiten und zu verfolgen. Aber es braucht auch eine neue Führungskultur, um zu wirklich guten Zielen zu kommen.
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Digitalisieren Sie Ihre Stärken – nicht Ihre Schwächen
Viele Unternehmen, die schon vor der Corona-Pandemie aufgrund digitaler Veränderungen in Sorge um ihr Geschäftsmodell waren, sind es heute umso mehr. Sie verspüren einen enormen Druck, sich digital neu zu erfinden, alles in Frage zu stellen, die Flucht nach vorne anzutreten. Gefragt ist nicht mehr, was in der Vergangenheit funktioniert hat, sondern nur noch, was digital und zukunftsfähig ist.
Dieser Druck zur Veränderung hat nur etwas Fatales: Er forciert eine negative Sicht auf die Welt. Er bringt uns dazu, uns damit zu beschäftigen, was nicht ist, was wir nicht können, was andere besser machen, wo Gefahren lauern. Und gleichzeitig verlieren wir leicht aus den Augen, was wir können, was unsere DNA ist, wo die eigenen Stärken und Chancen liegen. Damit machen sich Verunsicherung und Lähmung breit, anstelle von Aufbruchsstimmung und Mut.
Um Motivation und Begeisterung für Veränderung zu wecken, reicht es nicht ein bedrohliches Bild der Zukunft zu zeichnen. Es braucht auch eine Idee und Überzeugung, etwas daran ändern zu können. Keine leeren Überredungsversuche à la »Wir schaffen das«. Sondern eine realistische Besinnung auf die eigenen Stärken und Möglichkeiten. Wenn wir es überhaupt schaffen, dann doch nur, indem wir uns verdeutlichen, was wir können, und uns überlegen, wer das brauchen könnte. Natürlich braucht es Veränderung und Anpassung.
Aber wäre es nicht besser anstatt »Wer braucht etwas, das wir nicht können« zu fragen »Wo braucht es das, was wir können?«. Und das dann als Ausgangspunkt zu nehmen und weiter zu spinnen, gerne auch zu digitalisieren?!
Ich will Ihnen dazu ein einfaches Beispiel geben:
Stellen wir uns vor, wir sind Inhaber einer Buchhandlung.
Was uns auszeichnet sind: örtliche Nähe zum Kunden, Sortiment, Ambiente, Beratungskompetenz. Unsere Kunden kommen zu uns, um in freundlicher Atmosphäre zu stöbern, sich beraten zu lassen, ein Geschenk zu kaufen.
Aber auch uns bedroht die digitale Revolution in Form von Internet, amazon und E-Books. Die Zukunft, hören wir, liegt im Digitalen. So heuern wir einen Digitalexperten an und der rät uns:
- Bauen Sie einen Webshop auf und bieten Sie Ihre Bücher zum Versand an
- Entwickeln Sie eine Leseapp und verkaufen Sie E-Books
- Entwickeln Sie ein Abomodell für Bücher
- Und natürlich: Trennen Sie sich von bisherigen Mitarbeitern und stellen Sie solche an mit Digitalkompetenz
Natürlich könnten wir das neue amazon werden.
Aber wir werden wahrscheinlich erstmal (oder auch für immer) alles schlechter können als der Internetriese. Denn alles, was den auszeichnet, fehlt uns ja. Am Ende verlieren wir noch das, was Kunden bislang an uns geschätzt haben.
Was aber haben wir, auf das sich aufbauen lässt?
Wir haben Personal, das Bücher liebt, sie liest und gerne mit anderen darüber redet.
Wir haben Räume, in denen wir Menschen zusammenbringen können.
Wir haben Kunden, die noch ganz andere Interessen haben, als schnell ein E-Book zu kaufen.
Vielleicht werden wir nach Corona einmal ein Kulturzentrum sein. Oder ein Café für Intellektuelle. Ein Bücher-Museum. Vielleicht bieten wir noch andere Dinge als Bücher an. Es kann gut sein, dass wir Teile des Geschäfts digitalisieren. Im Zentrum aber sollte immer etwas stehen, das wir können. Und nicht etwas, das wir nur gerne wären. Das ist digital mindset!
Wenn Sie an Ihr eigenes Unternehmen denken: Wie gut gelingt es Ihnen, Ihre Stärken zu digitalisieren?
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Business as usual
Wollen wir überhaupt so weitermachen wie zuvor?
Ich habe lange nichts geblogged, weil mir schien: In dieser existenziellen Krise möchte ich lieber nichts sagen als etwas Belangloses.
In den letzten Tagen habe ich jedoch eine Sorge entwickelt, die es mir wert scheint, sie mit anderen zu teilen.
Diese hat nichts mit der Krise an sich zu tun, als mit der Frage, was wir aus ihr lernen.
Was mich in den letzten Wochen am meisten erstaunt hat, ist, wie leicht wir uns als Gesellschaft taten, unser privates wie berufliches Leben von einem Tag auf den anderen komplett umzustellen. Da war sie einmal, die vielfach geforderte Veränderungsbereitschaft. Nicht nur „Yes we can“, sondern „Yes we do“. Kaum gab es einen Aufschrei angesichts der großen Einschnitte in unser privates wie berufliches Leben, die wir alle hinnehmen mussten. Statt dessen haben wir uns angepasst, haben Lösungen für die neue Situation gefunden, haben nicht nur über Change und Transformation philosophiert, sondern uns tatsächlich verändert. Das ist das Wunderbare an uns Menschen. Diese Wandlungsfähigkeit, wenn sie nur wirklich gefordert ist.
Umso mehr wundert es mich, wenn sich nun bei den ersten Lockerungen schon wieder die Stimmen mehren, bald könnten wir wieder zurück gehen zu unserem alten, gewohnten (Arbeits-)Leben. Business as usual.
Die Frage, die sich mir hingegen stellt, ist: Wollen wir überhaupt so weitermachen wie zuvor?
Hat nicht diese Krise gezeigt: Wenn wir nur wollen, geht es auch anders?
Was haben wir uns vergeblich angestrengt den CO2-Ausstoß zu reduzieren. Und siehe da: Es geht doch! Wir müssen nicht permanent in der Weltgeschichte herumfliegen, kleinste Besorgungen mit dem Auto machen. Wir haben nicht nur die Technik für Videokonferenzen – man kann sie auch tatsächlich produktiv und effektiv nutzen! Im Übrigen nicht nur zum Wohle der Umwelt: Was wurden in den letzten Wochen Reisezeiten gespart! All der Stress, um rechtzeitig von einem Ort zum nächsten zu gelangen. All die Verspätungen, die wir und diejenigen, die auf uns warten, sonst erdulden müssen.
Ich denke auch an die vielen Berufsgruppen im Gesundheitswesen, der Altenpflege, Kinderbetreuung, Schulen, aber auch die Mitarbeiter in den Supermärkten, deren großen Wert für die Gesellschaft wir endlich einmal wieder gesehen haben, die wir als Helden bejubelt haben, denen wir einen Bonus zahlen wollten. War das nur eine Momentaufnahme, ein äußert flüchtiger Zeitgeist?
Viele sind sich auch der eigenen Sterblichkeit bewusst geworden und haben sich grundlegende Fragen gestellt wie: Bin ich eigentlich richtig in meinem Job? Ist es das, was ich wirklich machen möchte? Oder auch: Habe ich die richtigen Prioritäten in meinem Leben gesetzt? All die großen Fragen, für die man sonst nie Zeit hat, plötzlich waren sie da, drängten sich auf. In all der Düsternis tauchten Visionen auf von einem anderen Leben, einer größeren Erfüllung, vielleicht auch von einer Rückbesinnung auf das, was wirklich wichtig ist.
Und jetzt? Ist das alles schon wieder weg? Puh, noch mal Glück gehabt!?
Wenn sich nun also der Lockdown wieder lüftet, bleibt für mich die Frage: Wollen wir wirklich, ganz sicher, so weitermachen wie zuvor?
Oder nicht doch besser noch einen Moment innehalten und überlegen: Was können wir lernen aus dieser Krise? Was wollen wir anders machen, auch wenn wir es nicht mehr müssen?
Das ist eine Chance. Für unsere Regierung. Für die Unternehmen. Für Führungskräfte. Für jeden einzelnen.
Machen wir was draus.
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If you are thinking about OKRs, start with developing Operating Practices (OPs).
The search for better goals
In the course of digitizing their business, a lot of companies are turning to OKRs (Objectives and Key Results). The reasoning being: “If it helped Google and all those startups from the Silicon Valley, it just has to be right for us too!”
And it may very well be. It is indeed a very powerful goal-setting system that can ensure focus, alignment, aspiration and accountability.
But I have also seen a lot of companies be somewhat disappointed or outright disillusioned after having introduced OKRs to their business.
And I’d like to offer an explanation for that.
The prerequisite for OKRs
While a lot of companies claim their OKR’s helped them achieve spectacular success and growth, I think that’s actually an artifact and something else is at work here.
I’m not saying that OKRs are not useful or that you don’t need them. I’m just saying that they are not the major cause for the effect that’s attributed to them. OKRs don’t miraculously create an ambitious culture of agile disruption. It’s rather the opposite: A certain culture leads to an aggressive setting of goals which can then be aligned and focused as OKRs. OKRs are absolutely fantastic but only if they’re built on top of a certain culture.
When I say culture, I am not talking about values, by the way. Values are important but mostly not operative enough. And in most companies they are too much marketing and too little actual practice to have a major impact on daily work. It’s also all too easy to commit the fallacy of believing one has a certain culture just because one has formulated one.
Shaping culture with Operating Practices
What actually drives performance must be something different than just goals. I’d like to call that Operating Practices or short OPs.
Operating practices are very simple and concrete statements on how to operate and behave.
The most famous are probably the Ten Commandments. These are ten, easy to remember rules that guarantee the functioning of a large group.
In the animal world we have the astounding examples of large anthills or swarms of birds and how they coordinate their group without anything resembling human management tools. Something seems to be encoded in each of their DNA that helps them operate in unisan without any hierarchy.
Google’s “10x thinking”
Google has a practice they call „10x thinking“. In simple terms, they think about how they can improve what they do by a factor of 10 times, rather than by 10% like others. It challenges them to think about everything they do in terms of revolutionary change rather than evolutionary change.
The “10x thinking” is not – as many believe – the result of very aspirational OKRs but was merely encoded in them. They were striving for 10x long before they implemented OKRs. It’s in the DNA of Google, not just some byproduct of having OKRs. And that’s exactly where lots of companies go wrong when introducing OKRs. They think they get the Google DNA and Google’s ambition and everyone will then miraculously shoot for the moon. But that’s nonsense. Aspirational goals without the corresponding mindset are not only useless – they can even destroy motivation.
Apple’s “There are 1000 no’s for every yes”
Turn to Apple. Steve Jobs once said “There are 1000 no’s for every yes”. Again that’s not a goal, it’s certainly not a value, but it expresses a basic operating practice: That we will say no to a lot of ideas, concepts and iteration before we actually call something “designed by Apple” and release it to the public. That’s the strive for perfection that will ultimately wow consumers. And that’s worth more than setting specific quality standards or goals in the form of a number.
Operating practices at team level
Operating practices can comprise behavior instructions that are relevant for everyone in a company. But they can also be deployed at the team level.
In a factory, for example, an operating practice could read: “We return tools immediately to the tool bin after we’re done using them”. No ifs, no buts. This is, by the way, very different from formulating a corresponding goal like “Our tools should always be available when needed”. The goal only describes a desired state or result. The operating practice ensures that the goal is actually met even in the absence of any overt goal.
Likewise a bank branch could adhere to the operating practice of “We follow a 360°-advisory approach in every one-on-one consultation with our clients”. Most banks, however, rather try to establish goals concerning 360° advisory like “80 360°-advisory discussion per relationship manager per year”. Something that should be a mindset thus is degraded to a number that one has to hit.
How to start developing your own operating practices
So how can you come up with good operating practices for your own company?
That is clearly no easy task. You can’t just copy-paste Google’s or Apple’s. Some of the best OPs are not even documented and only live in the hearts and minds of people.
A good starting point: The purpose, mission and vision of your own company or team.
WHY does the company exist in the first place? Which aspects in your company DNA are most important to you?
You can take it from there and think about actual practices:
HOW do your best people behave and operate? What do they do and what do they consciously not do?
Also think about the future: Which behavior will be crucial? What do you need more and what less?
Start with two or three practices that capture best the mindset that you’re after.
Write them down. Talk about them. Most importantly: Live them.
Make operating practices the foundation of your goal-setting:
And then, and only then, you should think about if you are ready for OKRs.
WHAT objectives do you want to achieve? How ambitious do you want to or need you to be? Which key results will help you focus and align resources? What is your team willing and able to contribute with their own OKRs? Which initiatives and KPIs will help you manage all efforts?
Sounds like a bit of work – but well worth it!
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vom MÜSSEN zum WOLLEN
Während des Leadership Summits eines großen Unternehmens fiel mir auf, dass fast jeder zweite Satz die Worte „wir müssen“ oder „wir sollten“ enthielt: „Wir müssen agiler werden“, „Wir müssen schlagkräftiger werden“, „Wir sollten uns in dem Bereich neu aufstellen“ oder „Wir müssen mal darüber nachdenken, ob wir unsere Mitarbeiter nicht mehr in Entscheidungen involvieren sollten“.
Nun müssen wir in der Tat recht viel oder glauben zumindest viel zu müssen. Beim Müssen schwingt aber auch mit: Eigentlich wollen wir es nicht. Wir müssen halt. Und wenn wir dann sogar erst noch darüber nachdenken müssen, ob wir es sollen, kann man wohl getrost davon ausgehen, dass hier nichts und zwar gar nichts passieren wird.
Mit einer ganz simplen Frage kann man dann irritieren: Was wollen wir denn? Wollen wir agiler werden? Oder: Von all den Dingen, die wir tun könnten, welche wollen wir denn tatsächlich tun?
Was das für einen Unterschied macht, erlebte ich wenig später in der Diskussion mit zwei Technologie-Start-ups. Die Disruption ist schon in der Sprache spürbar: kein MÜSSEN, aber ganz viel WOLLEN und WERDEN. Man ist nicht getrieben, sondern treibt. Manchmal vielleicht auch aus einer naiven Unwissenheit heraus. Aber ist das nicht immer, was das Neue kennzeichnet?
Mein freundlicher Tipp: Hören Sie auf sich zu stressen, was Sie alles tun sollten oder tun müssen. Und denken Sie mehr darüber nach, was Sie tun wollen. Denn mit dem, was Sie tun wollen, werden Sie viel mehr erreichen in Ihrem Unternehmen, als mit all den Vorsätzen zu Dingen, die Sie lieber nicht tun würden, wenn Sie sich frei entscheiden könnten.
Das ist die wahre Agilität.
Bis bald & be inspired!
P.S.
Und noch eine Ergänzung in eigener Sache: Eine Gruppe von Getriebenen in eine Gruppe von Treibern zu verwandeln, gehört zu den größten Herausforderungen in der Teamentwicklung. Wenn Sie dabei Unterstützung brauchen, wenden Sie sich an ITO und profitieren Sie von unserem neuen Workshop-Format »Think further«.
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New Work? I actually like my old job…
Letztens erzählte mir ein Kollege, in seiner Company würden sie nun auch komplett New Work machen. Auf Nachfrage erläuterte er: „Wir haben z.B. einen neuen Meetingraum. Da liegen nur ein paar Euro-Paletten rum und ein Kickertisch. Und natürlich ein riesiger Flat Screen.”
„Und was macht ihr da so?”, fragte ich unbedarft.
„Na ja, wir machen jetzt halt auch auf Start-up. Disruptiv und so. Nicht mehr Schreibtisch und PC, sondern Tablet…” Er hielt inne und ich ergänzte „und Euro-Paletten”. „Ja, genau, naja, das mit den Paletten ist halt mehr so ein Gag. Mit dem Anzug drauf setzen ist natürlich nicht so. Und bequem ist natürlich auch etwas anderes. Aber… eben.” Ich nickte. „Klar, man muss mit der Zeit gehen.”
Wenn ich heute Unternehmen besuche, sehe ich immer öfter smarte Großraumbüros ohne feste Arbeitsplätze, Meetingecken die an Wohnzimmer erinnern, Kabinen mit Videoscreens, an denen man virtuell mit anderen arbeiten kann, und natürlich den obligatorischen Kickertisch. Alle wollen aussehen wie ein Start-up.
Doch die Kickertische stehen schnell unbenutzt in einer Ecke, das smarte Arbeiten im Großraumbüro hat zur digitalen Strandtuch-Belegung eines Platzes geführt und die Begeisterung der Mitarbeiter, wenn sie erst einmal so arbeiten, lässt schnell spürbar nach.
Alle reden von New Work. Aber wo es ist, sehnen sich viele wieder nach dem Alten. Was war denn gleich noch mal der Purpose von New Work?
Ein Besuch im Start-up Hub „Werk1” in München
Zur Beantwortung dieser Frage besuchte ich das Start-up Hub „Werk 1” in München. In der Tat begegnete ich hier allem, was ich auch aus Großunternehmen kannte: gemeinsame Büros auf engem Raum, Möbel aus dem Wohnzimmer, Getränkekästen als Sitz umfunktioniert.
„Wieso habt ihr euch so eingerichtet”, wollte ich wissen, „inwiefern fördert dies agiles Arbeiten?” Ein Gründer antwortete: „Das ist ganz einfach: Wir haben diesen kleinen Raum und diese alten Möbel, weil wir uns ganz einfach nichts Besseres leisten können.” Ich war überrascht. „Aber dafür seid ihr hier Büro an Büro mit vielen anderen Start-ups. Da könnt ihr sicherlich ideal netzwerken und kollaborieren.” „Das kommt schon vor,” wurde ich auch hier desillusioniert, „aber mit denen haben wir doch so wenig gemeinsam, dass man eher mal am Abend ein Bier gemeinsam trinkt, als dass wir uns gegenseitig inspirieren.” „Und arbeitet ihr viel vom Home Office aus?« Auch hier erhielt ich eine differenzierte Antwort: „Manche arbeiten schon von Zuhause, aber für Abstimmungen kommen sie dann schon rein, das ist uns sonst zu umständlich. Die meisten kommen aber doch ins Büro. Da kann man dann doch konzentrierter arbeiten als Zuhause.”
Ist New Work auch schon wieder Old News?
Nein. Es ist gut und wichtig über neues Arbeiten nachzudenken, Dinge zu verändern, auszuprobieren, offen zu sein für die Möglichkeiten, die uns insbesondere auch die Digitalisierung ermöglicht. Es macht allerdings keinen Sinn, einfach so zu tun, als wäre man ein Start-up.
Es war ja auch cool, als Student backpacking durch Europa zu machen. Keine Kohle, kein Auto, nur Zeit und nichts zu verlieren. Aber mal ehrlich: Wann haben Sie das letzte Mal den Gedanken erwogen backpacking wohin auch immer zu machen?
Ein paar Euro-Paletten schaffen noch keinen Gründergeist. Und Mitarbeiter, die jahrelang im Einzelbüro zufrieden waren, werden nicht gleich begeisterte Co-Worker, wenn man ihnen das Liebgewonnene wegnimmt.
New Work muss Sinn machen und einen Zweck erfüllen. Wo Silodenken vorherrscht, mag ein auch physisches Aufbrechen der Silos Sinn machen. Das Großraumbüro ist dann aber auch nur eine von vielen Möglichkeiten. Flexible Arbeitszeiten ziehen Mitarbeiter an, die z.B. eine junge Familie oder ein ausgeprägtes Hobby haben – aber nicht jeder Mitarbeiter und nicht jede Abteilung profitiert automatisch davon, wenn die Mitarbeiter nur noch sporadisch vorbei schauen.
Lassen Sie sich also vom Silicon Valley und der Gründerszene inspirieren.
Und dann machen Sie Ihr eigenes Ding, das zu Ihnen und Ihren Mitarbeitern passt!
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10 Things That Require ZERO Talent – but a lifetime of learning!
Vielleicht sind Sie im Netz schon einmal über folgenden Artikel gestolpert:
Allein die 100.000+ Likes und 2000+ Kommentare (Stand: 12.11.2018) zeigen, dass das Thema einen Punkt trifft, den viele intuitiv teilen und als wichtig empfinden. Und man ist geneigt, diese Botschaft insbesondere Menschen ans Herz zu legen, die wir für talentiert halten und die dennoch zu wenig aus ihrem Potenzial machen – weil sie eben diese einfachsten Dinge, für die es kein Talent braucht, nicht tun.
Wir denken: Sie könnten, wenn sie nur wollten. Deshalb kritisieren wir ihre Einstellung, die sie doch leicht ändern könnten.
Wir können oft nicht, selbst wenn wir wollen!
Damit gibt es nur ein gravierendes Problem: Wir können oft nicht, selbst wenn wir wollen. Daran ändert auch Kritik meist wenig. Denn Kritik ist nicht mehr als Ausdruck von Hilflosigkeit der Führung. Warum das so ist, wollen wir exemplarisch an einem der Punkte erläutern:
Ein Beispiel: Being on time
Wir alle kennen das: Wir sind mit jemandem verabredet, sind selbst überpünktlich, warten dann eine gefühlte Ewigkeit, bis unsere Verabredung endlich verspätet erscheint – und sich nicht einmal dafür entschuldigt. Was für eine Frechheit!
Während wir warten und es immer später wird, fragen wir uns: Was könnte das Motiv für die Verspätung sein?
- Seine Uhr geht falsch.
- Er hatte noch etwas wichtiges zu erledigen.
- Die S-Bahn ist wieder einmal gestört.
- Er hatte einen Autounfall.
- Ich selbst habe mich in der Zeit geirrt.
- etc.
Wir suchen also situative Erklärungen für sein Verhalten. Und das ist auch gut so. Denn der allergrößte Teil des Verhaltens kann situativ erklärt werden.
Wenn der andere dann aber freudestrahlend ankommt und wir uns eigentlich freuen sollten, dass nichts Schlimmes passiert ist und wir unser Date in vollen Zügen genießen können, sind die situativen, nachvollziehbaren Erklärungen wie weggeblasen. Stattdessen suchen wir die Gründe in seiner Persönlichkeit.
Er wollte es nicht genug und deswegen nehmen wir es persönlich!
Wir sind auf einmal sicher:
„Es war ihm nicht wichtig, pünktlich sein, oder zumindest nahm er dies billigend in Kauf.” Und: „Er hätte pünktlich sein können, wenn er nur gewollt hätte. Etwas anderes war ihm ganz offensichtlich wichtiger.”
Das nehmen wir persönlich. So wie wir es tagtäglich Mitarbeitern persönlich nehmen, wenn sie die zehn Dinge nicht tun, für die es kein Talent braucht.
Denn für was es kein Talent braucht, kann von jedem getan werden, ohne langen Lernprozess.
Kein Talent – sondern stärker: Teil einer Prägung
Genau darin liegt aber der Fehler, wenn wir an Dinge wie „Being on time” denken. Denn neben den situativen Bedingungen, denen Menschen ausgesetzt sind und die Verhalten bedingen, wirken sich unsere Dispositionen (Neigungen) auf unser Handeln aus. Wir entscheiden uns in dem Sinn nicht einfach unpünktlich zu sein; wir folgen einer mehr oder weniger starken Neigung, die wir von Kindesbeinen an gelernt haben. Dabei wollen wir nicht unpünktlich sein, wir wollen nur etwas anderes mehr.
Das heißt nicht, dass wir nicht rational auch anders entscheiden und unsere Dispositionen sozusagen overrulen könnten. Es heißt nur, dass dies viel schwieriger ist, als der Ausgangsartikel uns suggeriert.
Was heißt das für die Führung?
Auch bei den Dingen, für die es vermeintlich kein Talent braucht, profitiert der Mitarbeiter von jemandem, der ihn dabei unterstützt, sein Potenzial abzurufen. Dabei helfen ihm Kritik und Bestrafung eher weniger. Es gibt zum Glück vielfältige und bessere Möglichkeiten, wie die Führungskraft auf Situationen und Neigungen positiv einwirken kann, z.B.:
- Die Situation so umgestalten, dass ein Verhalten wahrscheinlicher bzw. unwahrscheinlicher wird (da Situationen ohnedies viel stärker wirken als Dispositionen)
- Den Sinn, die Bedeutung und gegebenenfalls die Auswirkungen des gewünschten Verhaltens kommunizieren
- Das gewünschte Verhalten loben oder belohnen, wenn es einmal eintritt
- Bezüglich des gewünschten Verhaltens konsequent selbst als Vorbild agieren
In diesem Sinne: Bis bald und be inspired!
P.S. Hier geht’s nochmal zum Original-Artikel von Molly Fletcher: 10 Things That Require ZERO Talent
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