Ist der Tag der Rückkehr gekommen?
Im Zuge der Abnahme der Infektionszahlen und der immer höheren Impfquote fragen sich viele: Wann ist eigentlich der Zeitpunkt gekommen, wieder in die früheren Arbeitswelten im Büro zurückzukehren? Oder soll dauerhaft eine wie immer geartete Form des virtuellen Teamwork fortgesetzt werden?
In diese Frage hinein platzt die Nachricht des Silicon Valley Giganten Apple, der seine Mitarbeiter auffordert, zumindest an drei Tagen pro Woche wieder ins physische Büro zu kommen – begleitet im Übrigen mit allerlei Unmutsbekundungen seitens der Belegschaft. Muss hier dem Management eines Unternehmens, das die Digitalisierung maßgeblich mitgestaltet hat, eine rückwärtsgewandte Denkweise bescheinigt werden? Oder gibt es handfeste Gründe, die eine solche Anwesenheit im Büro notwendig machen?
Deutschlands Firmen sehen, einer Umfrage des Münchner Ifo-Institut im Oktober 2020 zufolge, das Homeoffice weit weniger positiv als viele Arbeitnehmer. Demnach bemerkt nur eine kleine Minderheit von 5,7 Prozent der Unternehmen eine Steigerung der Produktivität beim mobilen Arbeiten. Dagegen meldeten 30,4 Prozent der Firmen unveränderte und 27 Prozent sogar gesunkene Produktivität ihrer Belegschaften. Für die übrigen befragten Unternehmen ist Homeoffice ohnedies keine Option, wie zum Beispiel am Bau.
Ein Grund zur Freude oder einer zum Ärgern?
Zu dem Thema gibt es offenbar stark divergierende Meinungen, was auch nicht weiter erstaunen sollte. Weniges motiviert, demotiviert und emotionalisiert Menschen stärker als der eigene Arbeitsplatz, samt seiner technischen Ausstattung. Der Großteil aller Konflikte in Teams dreht sich darum: Wer sitzt wo? Neben wem? Allein im Büro oder im Großraum? Wer geht wann wie oft rauchen? Wer telefoniert zu laut? Wer lässt sich wie oft im Büro blicken, etc.
Den Fehler, den viele nun begehen, ist, vorauszusetzen, dass sowieso alle ähnlich empfinden und denken. Und wer das Homeoffice schon immer abgelehnt hat, der kann nur schwer nachempfinden, warum andere verbittert um ihre Chance kämpfen, von zu Hause arbeiten zu dürfen. Dabei sollte es keine Frage mehr sein, ob Home-/Mobileoffice funktioniert – sondern wie ein Team seine Zusammenarbeit gemeinschaftlich organisieren kann, sodass den Bedürfnissen, Erwartungen und natürlich auch Anforderungen aller Stakeholder genüge getan wird – natürlich auch denen der Führungskraft.
Die Führungskraft hat es dabei mit einer besonderen Problematik zu tun: Sie will, im Sinne eines arbeitnehmerfreundlichen Images des Unternehmens, dem Wunsch nach Arbeit im Homeoffice entsprechen, gleichzeitig aber auch sicherstellen, dass darunter die Zusammenarbeit nicht leidet. Wenn es blöd läuft, ist sie bei allen der Buhmann/ die Buhfrau.
Ein Workshop zur Zusammenarbeit im Team
Was es deshalb braucht, ist keine Anweisung der Führung, wie nach Corona gearbeitet werden soll, sondern eine intensive Auseinandersetzung im Team darüber. Die Entscheidung, die dann gemeinschaftlich getroffen wird, wird nicht jedem 100%ig entsprechen – aber auch das heißt es, in einem agilen, autonomen Team zusammenzuarbeiten: zu akzeptieren und sich danach zu richten, was für das gesamte Team am besten ist und gleichzeitig die Individuen so wenig wie nötig beschränkt.
Meine Empfehlung also: Halten Sie einen Workshop, um die Zusammenarbeit im Team nach Corona zu besprechen. Sammeln Sie gezielt Eindrücke zu Fragen wie:
- Was funktioniert (mittlerweile) gut in der remote Zusammenarbeit?
- Wo leidet unsere Zusammenarbeit unter fehlender physischer Nähe?
- Wo bzw. zu wem braucht es eine größere, physische Nähe, als zuletzt?
- Wie viel % der Arbeitszeit würde jeder gerne im Home-/Mbolieoffice verbringen?
- Was muss noch an Tools/Regelungen verändert werden, um besser remote zusammenzuarbeiten?
Ist das Thema sehr emotional aufgeladen, kann es sich auch lohnen, einen Moderator/Mediator hinzuzuziehen und daraus ein Teamtraining zu machen. Sonst entstehen schnell Konflikte, die – egal ob remote oder in Präsenz – die Zusammenarbeit und den Erfolg im Team gefährden.