„Es ist kein Motivationsproblem. Es ist ein Konzentrationsproblem.”
Niko Kovac, Trainer des FC. Bayern, am 24.11.2018 nach dem 3:3 Unentschieden gegen den Aufsteiger und Vorletzten der Bundesliga-Tabelle Fortuna Düsseldorf.
Indem Kovac das Problem nicht bei der Motivation verortet, sondern bei der Konzentration, weist er auch – ohne das direkt auszusprechen – die Verantwortung von sich. Denn wo man bei der Motivation meist auch den Trainer in der Pflicht sieht, scheint das bei der Konzentration auf den ersten Blick nicht der Fall zu sein. Ist es also so, wie der Linksverteidiger David Alaba ebenfalls nach besagtem Spiel zu Protokoll gab, dass „…der Trainer überhaupt nichts dafür [kann].”?
Die Frage interessiert mich weniger als Fussballfan, sondern weil damit ein Phänomen angesprochen ist, das mir auch in meinem Berufsalltag immer wieder begegnet: Ein Mitarbeiter macht einen Fehler, nicht, weil er es nicht besser wüsste, auch nicht, weil er generell unmotiviert wäre, sondern aus Mangel an Konzentration. Ein Flüchtigkeitsfehler. Meist fallen solche gar nicht groß auf, weil auch nicht jeder sofort zu einem Misserfolg oder einer Niederlage führt. Wenn aber doch, kommt man nicht umhin nach den Gründen zu fragen. Kann man solche Fehler verhindern? Und wenn ja, welche Verantwortung käme dabei der Führungskraft zu?
Versuchen wir zu verstehen, wie es zu Konzentrationsproblemen kommt.
Zunächst einmal fällt auf, dass es insgesamt konzentriertere und unkonzentriertere Menschen gibt. Oder anders ausgedrückt: solche, die eine große Neigung/Disposition haben zur Konzentration, und solche, die das weniger ausgeprägt haben. Daneben verfügen Menschen über ein Repertoire an Instrumenten, um sich auf etwas konzentrieren und etwas anderes ausblenden zu können. Es gibt also personenindividuelle Unterschiede. Daneben übt – wie schon im letzten Blogeintrag (10 Things That Require ZERO Talent – but a lifetime of learning!) beschrieben – die Situation einen immensen Einfluss auf menschliches Verhalten aus. Uns ist klar: Wenn die Müdigkeit am Ende eines anstrengenden Spiels zunimmt, leidet auch die Konzentration. Aber wir wissen auch: Gerade den Spielern des FC Bayern gelingt es meist sich gerade am Ende eines Spiels zu konzentrieren und mit dem sprichwörtlichen Bayerndusel am Ende noch das ein oder andere Tor zu schießen. Und genau da passiert momentan das Gegenteil: Sie schießen nicht noch ein Tor, sondern kassieren gar eins.
Gehen wir mal davon aus, dass die Spieler des FC Bayern grundsätzlich über genügend Konzentrationsneigungen und -fähigkeiten verfügen. Bleibt die Frage, warum sie diese in bestimmten Situationen nicht einsetzen können. Was hindert sie daran? An was mangelt es ihnen?
Sie merken bestimmt, auf was ich hinaus möchte. Mit der Konzentration ist es wie mit allem anderen Verhalten: Es ist motiviert. Wir sind motiviert, uns auf etwas zu konzentrieren. Nicht an anderes zu denken. Nicht anderen Motiven Vorrang einzuräumen. Nicht nur um den Sieg zu ringen, bis zur Erschöpfung, sondern auch den nächsten Sprint anzugehen, als wäre er der spielentscheidende, sich nicht kurz auszuruhen und abzuschalten, weil der Ball weit weg ist, sondern so dabei zu sein, als wäre man selbst am Ball und verantwortlich für Sieg oder Niederlage. Nicht auf Glück zu hoffen, sondern mit Einsatz das Glück zu erzwingen bzw. das Pech abzuwenden.
Für das kann und soll sich jeder Fussballprofi selbst motivieren. Wenn das aber nicht ausreichend gelingt und Konzentrationsprobleme zu Punktverlusten führen, kommen wir um eines nicht umhin: Den Trainer in die Pflicht zu nehmen und Herrn Kovac zu entgegen: Natürlich sind es Motivationsprobleme. Und dafür ist der Trainer verantwortlich. Genauso wie wir alle als Führungskräfte, wenn es zu vergleichbaren Problemen in unserem Umfeld kommt.
Kann man zur Konzentration motivieren? Unbedingt!
Gibt es dafür ein Patentrezept: Leider nein.
Indem wir aber dafür die Verantwortung annehmen, setzen wir Kreativität frei. Sorgen wir für Konzentration. Es gibt nicht viel wichtigeres, um Höchstleistungen dauerhaft erbringen zu wollen.